Gedanken zu E.A.S.I.

Eine Reise nach Österreich – zum E.A.S.I.-Cup nach Linz

Rückblick: Vor ein paar Monaten wurden wir angesprochen, ob wir Lust hätten in Linz (Österreich) an einem Volleyballturnier, im Rahmen eines internationalen Sportfestes für Menschen mit „psychosozialem Unterstützungsbedarf“, teilzunehmen. Insgesamt waren aber nur zehn Plätze frei – zwei 4er-mixed Mannschaften zzgl. je ein Reservespieler. Es hatten sich aber viel mehr gemeldet. Eine Woche bevor es losging war entschieden wer alles mit fuhr: Jasmin, Peter, Klaus, Gerald, Melanie, Wolfgang, Jana, Karsten, Dirk und Frank. Insgesamt waren wir 10 Leute, davon zwei Betreuer. Am Montag dem 11.07.05 ging es endlich los. Wir trafen uns am Göttinger Bahnhof und fuhren dann mit dem ICE nach Linz in ca. 6:30 Stunden. Es war ein komisches Gefühl, nach Linz mit relativ fremden Leuten zu fahren, wir kannten uns nur vom wöchentlichen Volleyballspielen. Die ersten Fragen kamen auf: Wo liegt Linz? Auf was für Leute werden wir treffen? Alle waren ganz schön aufgeregt. Wir sind dann pünktlich in Linz angekommen. Mit richtig viel Wärme und Liebe wurden wir empfangen. Sogar mit Musik, Gesang und Ziehharmonika, da waren wir alle sehr überrascht. Die freundlichen Helfer haben uns danach mit dem kleinen Bus in die Unterkunft, ins Jugendgästehaus gefahren. Die Zimmer waren richtig Klasse. Dort gab es allerdings ein Problem: Es gab für uns zwei 4-Bett-Zimmer, wir waren aber 3 Frauen und 5 Männer. Wir haben uns entschieden, so wie die Mannschaften zusammen spielen, auch auf einem Zimmer zu liegen. Dies wurde aber sehr schnell erledigt. In einem Zimmer wohnten zwei Frauen und zwei Männer, im anderen eine Frau und drei Männer. Die Betreuer hatten ihr eigenes Zimmer. Gegen 19:00 Uhr haben wir uns zum Abendessen getroffen. Dort haben wir die Programmhefte bekommen, was so die ganze Zeit abläuft und wann wir wo sein müssen. Wir hatten noch genug Zeit und viele sind noch in die Stadt gegangen und schauten sich Linz an. Ich persönlich war ganz schön geschafft und fertig und bin nicht mitgegangen. Mich hat auch mehr interessiert, wo die anderen Sportfestteilnehmer herkommen, was die so machen und ob es auch Menschen wie wir sind, die auch so viele Probleme haben wie wir. Ich war in der fremden Stadt abends noch unterwegs und habe mir noch was zu Trinken geholt. Nach einer Stunde war ich wieder da und hatte mich noch im Aufenthaltsraum ausgeruht. Dort sprachen mich ein paar Männer an. Sie kamen aus Bayern. Und bereits eine Stunde später habe ich mit total fremden Menschen Kniffel gespielt. DAS WAR EIN GEFÜHL ICH GEHÖRE ZUM ERSTEN MAL DAZU. Weil es kein Vorurteil gab. Sie haben mich so genommen wie ich bin und nicht anders. Am nächsten Morgen haben wir erfahren, dass wir noch am Kegeln und Schwimmen teilnehmen können. Viele haben noch zugesagt. Wir hatten noch Zeit, mit dem Volleyballspielen ist es für uns ist erst am Mittwoch ernst geworden. Im Stadion im Ortsteil Lichtenberg mussten wir am Dienstag gegen 10 Uhr sein. Dort war eine große Eröffnung, wo uns zum zweiten Mal die Tränen in den Augen standen. Für viele war so eine Eröffnung die erste Mal gewesen: Es wurden die Nationalhymnen gespielt und die Mannschaften zogen mit ihren Landesfahnen ein. Außerdem wollten wir uns den Platz anschauen, wo wir den nächsten Tag spielen sollen. Wir hatten schließlich noch ein wenig Zeit bevor das Kegeln begann. Und da haben wir noch ein wenig trainiert für den nächsten Tag. Auch haben wir noch ein T-Shirt bekommen. Mit einen großen Aufschrift: „WIR WAREN DABEI“ und dem EASI-Cup Logo Gegen 12:30 Uhr mussten wir von Lichtenberg weg, wieder in die Innenstadt, um am Kegeln teil zu nehmen. Dort waren sehr viele Leute und das System, was sie spielten kannten wir gar nicht. Aber wir haben zu uns gesagt, dass wir aus Spaß an der Freude mitspielen und nicht, um zu gewinnen. Nach ein paar Stunden kam es zum Ende. Nur die ersten 3 Plätze waren noch nicht entschieden. Der, der die meisten Punkte holte, hatte gewonnen. Ich musste gegen eine Gegnerin aus Deutschland spielen, die genau so viele Punkte wie ich hatte. Die Nervenstärkere war ich gewesen und ein wenig Glück hatte ich auch gehabt. Und mit den letzten zwei Würfen holte ich gegen die anderen die meisten Punkte und holte unerwartet den dritten Platz. Danach sind wir wieder noch Lichtenberg gefahren und haben zu Abend gegessen. Gegen 21:00 Uhr sind wir zurück gefahren und sind früh ins Bett gegangen, weil der nächste Tag für uns sehr anstrengend werden sollte. Am nächsten Morgen waren wir wieder gegen 9:00 Uhr zurück in Lichtenberg und um 10:00 Uhr begann das Volleyballturnier. Wir waren da 14 Mannschaften. Mit jeder Minute haben wir drauf gewartet, dass es anfängt. Wir wurden für die Vorrunde in zwei Gruppen geteilt, in jeder Gruppe spielte eine Göttinger Mannschaft. An diesem Tag hatten wir einen Nachteil oder auch einen Vorteil. Es waren ca. 30 Grad und es war sehr warm. Aber damit sind wir sehr schnell zu recht gekommen. Das erste Spiel haben wir sehr gut gewonnen. Und unsere andere Mannschaft hat es auch geschafft. Sie hatten Startprobleme, aber am Ende haben sie es noch drehen können. Bei den nächsten Spielen haben wir gespürt, dass es auch andere gute Mannschaften gibt. Aber wir haben gewonnen. Und unsere andere Mannschaft auch. Wir hatten eine wenig längere Pause und konnten uns von den anderen ein Spiel anschauen. Dort passierte ein Unfall. Weil der Rasen noch nass war von den letzten Tagen, rutschte Jasmin aus und zog sich einen Bänderriss zu. Das Problem war das ein Betreuer mit sollte, der sich damit auskennt. Das war aber unser fünfter Spieler. Wir mussten nun zusehen, wie wir es schaffen zu gewinnen. Wir hatten von unserer anderen Mannschaft den Betreuer zu uns geholt und er hat uns das Selbstvertrauen gegeben, dass wir es auch alleine schaffen. Uns blieb auch nichts anderes übrig, denn jetzt spielten wir um den Einzug ins Finale. Die Spieler aus Österreich haben bestimmt gedacht, dass sie uns schlagen können. Aber durch die Unterstützung von unserer anderen Mannschaft haben wir ganz knapp gewonnen. Und somit standen wir zusammen, damit gegeneinander im Finale. Damit hatten wir nicht gerechnet. Wir mussten es am Ende noch unseren anderen Mitspielern beibringen, die im Krankenhaus waren. Ein paar Stunden später waren sie wieder da. Ich musste es auch gleich sagen. Frank konnte es gar nicht fassen. Ja, wir haben uns für unsere verletzte Mitspielerin abgekämpft und haben das Beste gegeben. Es war aber gar nicht so einfach. Die Frage war jetzt: Spielen wir das Finale aus oder nicht? Wir haben alle gesagt, dass wir spielen wollen, egal wer gewinnt. So oder so haben wir den ersten und zweiten Platz und nehmen beide unerwartet mit nach Niedersachsen. Später, danach viel mir ein Stein von Herzen. Mein Team hatte im Finale zwar verloren, aber das war egal. Ich spürte endlich wieder, dass ich dazu gehöre, was ich früher nie spüren durfte. Durch unseren Zusammenhalt hatten wir etwas erreicht. An dem Tag, an dem es zu Ende ging, waren wir alle sehr froh und haben noch in der Unterkunft gespürt, was wir gratis dazubekommen haben: Einen schönen Sonnenbrand und damit viele schöne Muster auf Kopf und Waden. DAS UNERWARTE WURDE WAR. Am Donnerstag war noch Schwimmen. Dort sind von uns auch noch welche mit geschwommen. Das schlimme war, dass wir noch das Volleyballspielen in jedem Knochen gespürt haben. Aber das war uns egal. Wir haben aus Spaß an der Freude mitgemacht. Und das Schöne war, dass wir auch da Medallien geholt haben und das total unerwartet. Beim Schwimmen spürte ich, dass wir alle, so wie wir waren, zusammengehalten haben, egal woher wir kamen. Wir feuerten jeden an, ob er dick, schnell, oder auch langsam war. Jeder hat in dieser Woche für sich sehr viel dazugelernt. Und die, die sehr langsam waren haben auch einen Preis bekommen. Auch sie haben die 100m durchgehalten. Nach dem Schwimmen spürte ich, dass es mir nicht so gut geht und wurde in der Unterkunft raus gelassen und habe mich zwei Stunden hingelegt. Länger ging es auch nicht, weil gegen 19:00 Uhr Siegerehrung war, die auch was ganz Besonderes war, auch deshalb, weil unsere kranke Mitspielerin ja nicht laufen konnte und ihre Mannschaft sie den Hang und die Treppchen hochgehoben haben, wo sie ganz stolz den Siegerpokal hochhielt. Nach der Siegerehrung war Abendessen und fette Party, was für mich nichts war. Ich habe da die Zeit genossen und habe alles noch einmal Revue passieren lassen. Am Freitag waren die meisten Teilnehmer schon weg. An dem Tag war noch Konferenz mit den verschiedenen Gruppen und Mannschaften. Wir mussten sowieso noch warten, weil unser Zug erst gegen 16:00 Uhr Richtung Göttingen fuhr. Der Schlachtruf der siegreichen Mannschaft lautete: EINER FÜR ALLE - ALLE FÜR EINEN Wenn wir uns diesen Spruch zu Herzen nehmen würde, könnte vieles besser laufen und der Sieg kommt von ganz alleine. Ohne viele Druck, den es schon überall genug gibt. Es war scheißegal, wie wir aussahen und welche Beeinträchtigung wir hatten, wir haben uns einfach verstanden und uns sehr viel gegenseitig geholfen, was ich so bisher noch nicht erfahren hatte. Und wir haben uns über jeden gefreut, der mit gemacht hat. Wir stehen nicht alleine da, denn es geht vielen Menschen so wie uns. Überall in Europa treiben Menschen mit „psychosozialem Unterstützungsbedarf“ Sport und messen sich auch weiterhin in internationalen Wettkämpfen. (Jana Kümmel)